Das Thema Waggon–Fahrwerke kann nicht erschöpfend auf wenigen Seiten abgehandelt werden -
zuviel gibt es dazu zu sagen. Daher werden hier nur einige grundsätzliche Hinweise gegeben.
Das Thema Puffer und Kupplungen wird im Dampflok–Bereich behandelt.
Als Modellbahner sollten Sie weder die optische Wirkung eines sorgfältig gebauten und maßstäblichen Fahrwerks
noch die Bedeutung technisch ausgereifter Konstruktionen mit tadellosem Laufverhalten unterschätzen.
Wie Sie beides auch im Kleinen erzielen können, wird im Modellbau–
beziehungsweise Modellbahn–Bereich erklärt.
Abschnitte dieser Seite:
Das erste Bild dieses Abschnitts zeigt das Fahrwerk eines zweiachsigen Wagens.
Die eisernen Einzelteile wurden früher vorwiegend miteinander vernietet (über Winkel
und Knotenbleche - siehe Mitte des Bildes und unten rechts).
Die äußeren Rahmen-Längsträger (nach außen hin offene U–, sonst
I–Profile) sind an ihren Enden mit der quer liegenden Pufferbohle
verbunden. Die inneren Längsträger, meist halb so hoch wie die äußeren, sind
mit den äußeren oben bündig angeordnet, sodass eine quer zur Fahrtrichtung
liegende Bebretterung sich an vier bis sechs Punkten abstützt. Die schrägen Enden dienen
der Diagonalversteifung, die äußeren verteilen einseitige Stöße auf eine Fahrwerkshälfte.
Zuweilen laufen die inneren Längsträger auch gerade durch, die äußeren
diagonalen Enden werden dann angesetzt. Die diagonalen entfallen oft bei Schmalspurwagen, wenn diese
Mittelpuffer haben, nie jedoch bei Regelspurfahrzeugen mit doppelten Puffern.
Unter den inneren Längsträgern folgen die Querträger, meist auch U–Profile. Die Querträger bei
den Rädern nehmen bei Bedarf die Aufhängungen für die Bremsgehänge auf.
Innen an den Rahmen-Längsträgern werden - bei I–Profilen
mit Abstandshaltern - die Achslagerbleche befestigt, auf deren Gleitbahnen sich die Achslagergehäuse bewegen können.
Es gibt zwei hauptsächliche Arten von Achslager–Blechen: „Fachwerk”–Ausführungen
mit Durchbrüchen und mehr oder weniger gespreizten, diagonalen Außenschenkeln
(zum Beispiel im zweiten Bild dieses Abschnitts) und Pressblech–Achslagerbleche
(ohne Durchbrüche). Bei den Achslagern selbst werden Rollen– und Gleitlager unterschieden.
Achslager–Gehäuse und Schmierbehälter gibt es in unzähligen Varianten.
Unten an den Längsträgern werden die „Schakenböcke” (zweites Bild links)
angenietet oder –geschraubt. Diese Winkel bilden mit einem Bolzen den unteren Lagerpunkt
der Schaken (Feder–Laschen); auf deren oberem Bolzen stützen sich unten (dadurch
beweglich) die Tragfedern ab, die ja bei Belastung eine Längenänderung erfahren.
In der ersten Skizze ist die durchgehende Zugvorrichtung mit der Feder in der Mitte zu erkennen.
Die einzelnen Segmente (Haken, Zugstange, Federstange) wurden über teilbare Schalenmuffen verbunden
(siehe Detail im ersten Bild unten links).
Das zweite Bild dieses Abschnitts zeigt eine sehr alte Ausführung von Fachwerk–Achshalterblech und
Achslagergehäuse. Es handelt sich um den 1872 von Klett &
Companie gebauten Bierwagen 10501.
Auf dem runden Achslagerdeckel sind die Buchstaben „KBE”
(Königlich Bayerische Eisenbahnen) angegossen. Interessant sind auch die Radsterne. Es
handelt sich nicht um die bekannten Doppelspeichen–, sondern um Y–Speichenräder.
Rechts ist deutlich einer der Niete zu erkennen, mit der die Speichensegmente verbunden wurden.
Dieses Bild und das dritte Bild im Abschnitt des Olm
63781 der K.Bay.Sts.B.
zeigen eine viel modernere Ausführung. Das Achslagerblech hat weit gespreizte Diagonalstreben.
Diese gab es sowohl mit runden als auch gerade auslaufenden Enden. An dem Federpaket mit wesentlich mehr Lagen
kann die nun schon normale (hier sogar erhöhte) Tragfähigkeit erkannt werden.
Die einzelnen Federn hatten längs eingeformte Nuten, damit sie sich nicht gegeneinander verdrehen
konnten. In der Mitte werden sie durch einen Federbund zusammengehalten, der das unter ihm
liegende Achslagergehäuse stützt. Die Federn von Personenwagen waren wegen des Komforts stets sehr viel länger als die von Güterwagen.
Das linke Bild zeigt eine Vergrößerung des Achslagergehäuses. Deutlich zu erkennen: der Spannbügel
mit der Spannschraube unten. Vor der Federbundauflage befindet sich ein schräg nach vorne geneigtes Fettgefäß,
das oben einen Klappdeckel hat. Es versorgt die obere Lagerhälfte mit Schmierstoffen, während der kleine Becher
unten vorne für die andere Hälfte zuständig ist.
Die Gleitnuten der Achslager liefen nicht direkt auf den Achshalterblechen, sondern auf dort aufgenieteten
Gleitbahnen aus hochwertigem Stahl. Auch das ist links gut zu sehen. Das kleine Teil oberhalb des Federbundes
am Rahmen ist eine Durchschlag–Begrenzung für den Fall eines Federbruchs.
Das Fahrwerk muss Kräfte in alle Richtungen übertragen und abfedern. Die Federung der
Achsen dämpft vertikale Stöße, zum Beispiel bei Gleisunebenheiten und Weichen. Das Fahrwerk
ist die statische Grundlage des Aufbaus, der ja die Lasten (Güter oder Passagiere) tragen soll.
Die Aufbauten der Wagen sind (meist) breiter als der Abstand der äußeren
Rahmenlängsträger. Um von der Außenkante des Wagenkastens die Last zu übertragen
und die Bodenbebretterung zu entlasten, werden an den Rahmenlängsträgern Wagenkastenstützen
angebracht (siehe erste Skizze dieses Abschnitts). Außen am Bodenbelag oder unter den Seitenwänden
laufen oft Winkelprofile durch, die punktuelle Drücke auf mehrere Wagenkastenstützen verteilen.
Die Stützen erfüllen aber noch eine wichtige Aufgabe: Sie sorgen dafür, dass die
Seitenwände in ihrer Senkrechten gehalten und versteift werden. Statisch gesehen bildet sich ein
Dreieck von der linken oberen zur unteren rechten Ecke der Stütze. Sie ist zuweilen als Flacheisen,
oft auch wie hier angedeutet als L-Profil ausgebildet. Um die Wirkung zu verbessern, wird die
äußere Unterkante oft weiter herunter gezogen als die Unterkante der Pufferbohle.
Bei Wagen mit größerer Länge zwischen Achsen oder Drehgestellzapfen werden
Sprengwerke benutzt, um einer senkrechten Durchbiegung der Längsträger vorzubeugen.
Im unteren Bild ist ab der Mitte nach rechts der Anfang eines Sprengwerks zu sehen. Senkrechte
Kräfte werden damit teilweise diagonal zu den Auflagerpunkten bei Achsen und Drehgestellen
abgeleitet. Statt offener Sprengwerke kommen teilweise auch zusätzliche unten angebrachte
Langträger, zuweilen auch aus Flachstahl, zum Einsatz.
Drehgestelle vereinigen in einem quer zur Längsachse des Fahrzeugs schwenkbaren Hilfsfahrwerk
mindestens zwei Achsen. Sie haben viele entscheidende Vorteile. Das Gewicht wird auf kurzem
Raum auf mehrere Achsen verteilt, wodurch bei höheren möglichen Ladegewichten die einzelne
Achslast sinkt. Sie ermöglichen (theoretisch) kleinere Gleisradien und bieten im Vergleich
zu Zwei– und Dreiachsern eine kleinere Reibung im Gleisbogen, da der Schrägwinkel eines Rades viel kleiner ist.
Der (vernachlässigbare) Nachteil von Drehgestellen ist, dass sie zusätzliche Gleitlager rechts
und links am Fahrwerk benötigen. Ein mittlerer Zapfen alleine genügt nicht, um das Fahrzeug
seitlich zu stabilisieren. Dies ist schematisch in der zweiten Abbildung dieses Abschnitts dargestellt (der Pfeil weist auf diese Stelle).
Das wohl bekannteste aller Drehgestelle ist das Diamond–Drehgestell.
Diese amerikanische Konstruktion fand sehr früh ihren Weg nach Europa (erstes Bild). Der Name stammt
vom englischen Wort für Karo oder Raute und soll die Form der Fachwerk–Achslagerhalter
beschreiben. Es wurde in vielen Varianten gebaut (mit Schraubenfedern, längs oder quer angeordneten
Blattfeder–Paketen). Es wird auch „archbar truck” genannt.
Frühe Konstruktionen von Drehgestellen entsprachen in ihrer Bauweise den normalen zweiachsigen
Fahrwerken. Jede Achse hatte ihre eigene Feder, meist jedoch in der Mitte über eine Ausgleichswaage
verbunden. Die Drehgestell–Wangen waren aus Blech.
Im Laufe der Jahre entstanden zahllose Varianten. Die Entwicklung war vor allem bei Personenwagen darauf
gezielt, den Komfort (das Federungs– und Abroll–Verhalten sowie die Schwingungs–Übertragung) zu verbessern.
Interessierten sei die Website
Fremde Seite
„Güterwagen–Drehgestelle”
von Hermann Jahn für weitere Informationen zum Thema empfohlen.
Der Einbau von Drehgestellen erfordert eine andere Fahrwerks–Konstruktion
als bei zwei– und dreiachsigen Wagen. Oft sind hier die Haupt–Längsträger nach innen verlagert.
Außen befinden sich senkrechte Wangen. Die Abbildung oben zeigt das halbe Fahrgestell eines SSm
der K.Bay.Sts.B. nach Blatt 364 mit
Diamond–Drehgestellen für 30 t Ladegewicht,
wie er zwischen 1894 und 1896 26 mal gebaut wurde. Deutlich zu erkennen: der Lagerring des Drehgestells
(siehe auch die schematische Abbildung oben).
Auffallend sind die kräftigen diagonalen Versteifungen - denn je länger ein Wagen wird (dieser hatte eine
Link zum Glossar
LüP
von über 14 m), desto größer werden die diagonal wirkenden Kräfte im Bogen.
Ein zweiter Nachteil von Drehgestellen war - zumindest, solange keine Druckluft–Bremsen verbaut
wurden - die Anlenkung der Bremsen. Dazu jedoch mehr auf der Seite zum Thema.
Ein großes Problem - besonders bei zweiachsigen Wagen mit langem Radstand - ist, dass deren Achsen
nicht wie bei einem Auto lenken können. Bei engeren Gleisradien steht eine Achse in einem bestimmten
Winkel zum Gleis. Je größer der wird, desto größer wäre auch die Hemmung, wenn die Räder zylindrisch wären,
weil auf der bogenäußeren Schiene ein größerer Weg zurück gelegt werden muss als auf der inneren.
Dem wird bei allen Wagen begegnet, indem die Laufflächen der Räder konisch gemacht werden.
Beim Einfahren in den Bogen wird das Fahrzeug an die äußere Schiene gedrückt. Nahe beim Spurkranz ist der
Link zum Glossar
Laufkreis–Durchmesser
größer als außen am Rad. Es wird also den längeren Weg zurücklegen können.
Um diese Bewegung zu erleichtern, werden die Achsen zweiachsiger Wagen teils leicht seitenverschiebbar
angeordnet, was auch quer zur Fahrtrichtung bewegliche Schaken erfordern kann. Bei Vereinslenkachsen
werden die Laufflächen der Räder entsprechend konisch gemacht und die nötigen Bewegungen erleichtert.
Wirklich lenkbare Achsen werden erst ab dreiachsigen Fahrwerken möglich. Dort kann - wenn nicht, was auch
oft gemacht wird, der Spurkranz der mittleren Räder stark geschwächt wird - die mittlere Achse verwendet werden,
um über sinnreiche Hebelkonstruktionen die Geometrie der Endachsen einzustellen. Ein ähnliches, sehr aufwendiges
Verfahren wird bei Fahrzeugen mit vielen Achsen (mindestens vier) in einem Hauptrahmen angewendet
(Klose–Achsen). Dabei werden der Winkel zwischen Tender und Lokomotive oder die seitliche Verschiebung
der Achsen zueinander zur Bestimmung der radialen Auslenkung verwendet.