Die erste Fracht auf Deutschlands erstem Zug von Nürnberg nach Fürth waren die berühmten zwei Fässer Bier.
Sie mussten noch auf dem Tender der Lokomotive „Adler” untergebracht wurden. Schon wenige Jahre
später gab es in Deutschland sehr viele Personen– und noch viel mehr Güterwagen (siehe Statistik).
Die größte Vielfalt verschiedener Waggontypen dürfte es zur Zeit der Deutschen Reichsbahn (alt) gegeben haben.
Abschnitte dieser Seite:
Die ersten Wagen hatten noch hölzerne Fahrgestelle, an die die eisernen Teile des
Fahrwerks angeschraubt wurden. Güterwagen wurden damals noch „Lastwagen” genannt, meist hieß es auch „bedeckte” statt „gedeckte” Wagen.
Mit zunehmenden Ladegewichten, Zuglängen und Geschwindigkeiten sowie besserer
Formeisen–Qualität wurden nur noch eiserne, genietete Fahrgestelle verbaut.
Schon 1850 gab es Wagen mit 10 t Ladegewicht.
Wie rasant die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs damals vor sich ging, lässt sich aus der Länge
des deutschen Schienennetzes (ohne Kleinbahnen) ersehen. Die folgende Tabelle zeigt einige Meilensteine.
Jahr | km |
---|---|
1845 | 2.300 |
1855 | 8.290 |
1865 | 14.690 |
1875 | 27.930 |
1885 | 37.650 |
1935 hatte das Schienennetz (mit Klein– und Schmalspurbahnen) in Deutschland eine Länge von 68.728 km.
Der Verein Deutscher Eisenbahn–Verwaltungen (VDEV) hatte schon 1850
Vorschriften und Richtlinien für den durchgehenden Verkehr zwischen den Bahnen entwickelt.
Während der Länderbahn–Zeit (also vor dem Zusammenschluss zur Deutschen Reichsbahn ab 1920)
entwickelten die Verwaltungen jeweils eigene Wagen. Dadurch entstand eine unglaubliche Typenvielfalt.
Nach 1920 wurde versucht, Wagenbauteile und Konstruktionsmerkmale so zu vereinheitlichen, dass weniger
verschiedene Ersatzteile vorgehalten werden mussten. Ganz neu war diese Idee jedoch nicht. So gab es auch bei der
KPEV
schon ab 1870 / 71 „Normalien”.
Um 1900 herum waren in Deutschland schon rund 480.000 Güterwagen im Einsatz. Mit der
Gründung des Deutschen Staatsbahnwagen–Verbands 1909 war ein weiterer wichtiger Schritt zur Vereinheitlichung des Transportverkehrs getan.
Die Länderbahn–Verwaltungen legten zumindest Musterblätter der Wagentypen an. Meist wurden in
regelmäßigen Abständen auch Wagenstands–Verzeichnisse erstellt. In diesen Verzeichnissen waren - fast
immer mit Typenskizzen, stets mit technischen Daten - alle Wagen im Bestand der Verwaltung aufgeführt.
Von vielen Wagen sind keine Fotos mehr erhalten. Daher - und wegen der auf Fotos nicht
sichtbaren Konstruktionsmerkmale - sind diese Wagenstandsverzeichnisse oft die einzige noch
verfügbare Vorbild–Information. Im Bild ist ein Omk entspechend Blatt 325 aus dem
Wagenstandsverzeichnis von 1913 der K.Bay.Sts.B. zu sehen.
Bei den Zeichnungen ist eine gewisse Skepsis ratsam. Nicht alle Zeichner arbeiteten
sorgfältig, manche Wagen erfuhren im Laufe der Zeit Änderungen, einige wurden nie wie gezeichnet gebaut.
Viele Informationen sind leider auch durch Ignoranz und Unwissenheit verloren gegangen. Hier ein Beispiel:
Bei der MAN in Nürnberg (vormals Klett
& Companie - in Bayern praktisch der Monopolist im Waggonbau),
wollte ein eifriger Mitarbeiter um 1985 herum einen Quadratmeter Platz im Archiv gewinnen, um dort etwas anderes
hinzustellen als den Schrank, der ihn störte. Also ließ er diesen Schrank kurzerhand samt Inhalt verschrotten.
Dieser Inhalt waren 5.000 (!) Werkaufnahmen auf Glasplatten - in tadellosem Zustand (vergleiche das Foto des Abschnitts).
Ein Versuch des früheren Archivars, die Fotos noch zu retten, scheiterte. Der Schrank war achtlos vom
LKW auf eine Mülldeponie geworfen worden, die Glasplatten zerbrochen.
Da bricht auch dem Eisenbahnfreund etwas, nämlich das Herz.
Dieses Thema betrifft vorwiegend die Nachbildung im Modell. Bei vielen Wagen ist es nämlich auch anders
herum als im oben beschriebenen Fall. Es gibt zwar noch (mehr oder minder gute) Fotos, jedoch keine Zeichnungen
des Fahrwerks oder konstruktiver Details.
Der Waggonbau folgte jedoch schon früh bestimmten Standards. Daher kann aus bekannten Details
des einen Wagens oft auf die Bauweise eines anderen geschlossen werden.
So wurden beispielsweise innere und äußere Rahmenlängsträger stets in einer
bestimmten, statisch günstigen Form angebracht. Auch bei der Anbringung der Bremsteile
gab und gibt es nicht allzu viele Varianten (wenn auch noch genug).
Im Zweifelsfall muss der Modellbahner beim Eigenbau die plausibelste Lösung verwenden.