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Modellbahn: Gleise

Eine Weiche mit Code 200–Profilen

Mit geraden und gebogenen Gleisen alleine lässt sich noch nicht so spannend Betrieb machen. Nach dem halbwegs abgeschlossenen Bau eines Prellbocks folgte - zunächst zu Testzwecken - der Bau einer Weiche in IIm (1:22,5 und Meterspur). Weichen sind das Salz in der Rangiersuppe und eine wichtige Bedingung für Modellbahn–Spielspaß.

Der Bau der Weiche ist noch nicht ganz abgeschlossen. Bis es samt Antrieb und Weichensignal so weit ist, kann es noch dauern. Darum wird der aktuelle Stand des Selbstbaus hier schon vorgestellt.

Die Aufgabe ist nicht trivial. Ein Nachbau wird nur sorgfältigen Bastlern empfohlen, die Sollmaße auf etwa 0,1 Millimeter genau einhalten können. Ansonsten werden Sie wenig Freude am fertigen Modell haben. Achtung: Hier kommt ein anstrengender Lesestoff auf Sie zu!

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Die Wahl des Vorbilds

Je weniger ein Vorbild verkleinert hat, desto größer werden die Platzsorgen des Modelleisenbahners. Das wird spätestens beim Maßstab 1:22,5 deutlich. Klagen viele schon über den Platzbedarf von LGB®–Weichen im Radius 3, so wird es bei halbwegs dem Vorbild entsprechenden Weichen schon deutlich kritischer.

Bei der Suche nach einem geeigneten Vorbild entsprechend der Gesamtplanung standen daher zwei Bedingungen oben auf der Wunschliste. Die Weiche sollte einen möglichst geringen Bogenradius haben und möglichst schon nach 60 cm teilbar sein.

Nach langer Suche fand sich im Fremde Seite Länderbahn–Forum ein (fast) geeignetes Objekt. In der Sammlung von Joachim Schulz findet sich beim letzten Verweis einer Fremde Seite Übersichts–Seite ein eine geeignete Vorlage in Form der Weiche Va–60–1:Gz H nach Blatt 421a der Reichsbahn–Direktion Dresden.

Zunächst sei die rätselhafte Bezeichnung entschlüsselt. Va bezeichnet die Form des verwendeten Schienenprofils. Das ist eine Länderbahn–Bauart, die so etwa einer S33Vignol–Schiene entspricht (siehe die Vorbildseite). Die Zahl „60” bezeichnet den Bogenradius in Metern. Im Modell sind es also etwa 2,67 Meter. „1:6” ist der Abzweigwinkel der Weiche, gemessen ab dem Mittelpunkt der Link zum Glossar Tangente. Die Abkürzung „Gz” steht für „Gelenk–Zungen” und der Buchstabe „H” für Holzschwellen.

Ganz wie das Vorbild konnte die Weiche allerdings nicht geplant oder gebaut werden. Das hätte nämlich das „Aus” für LGB®–Radsätze bedeutet und damit sicher schlechte Laune bei der Tochter verursacht. Der Winkel wurde von 9,8° auf 10° vergrößert und der Drehpunkt der Weichenzungen um eine Schwelle Richtung Herzstück vorverlegt.

 

Die Konstruktion

Wie auf den Fotos zu sehen ist, enstand eine Zeichnung, die in Originalgröße ausgedruckt werden kann. Bis zu diesem Druck war es jedoch ein mühsamer Weg.

Besonderes Kopfzerbrechen bereitete dabei die Aufstellung eines eigenen „Standards”. Sie sollten zum Verständnis der Probleme die entsprechende Seite zu NEM 310 und Standard S01 der IG Spur II gelesen haben.

Hier sollte nicht nur ein tragfähiger und betriebssicherer Kompromiss dieser beiden Regelwerke mit ihren deutlichen Abweichungen gefunden werden. Zusätzlich sollten noch die Radsätze von LGB® einsetzbar sein.

Um es kurz zu machen: Eine solche Lösung wurde gefunden, wenn auch mit einer kleinen Einschränkung. Bei langen zweiachsigen Waggons mit Finescale–Radsätzen von Hübner kann es im abzweigenden Strang geschehen, dass ein Radsatz auf der Herzstückspitze aufläuft. Alle anderen Kandidaten verursachten keine Probleme. Das Radsatz–Innenmaß der LGB®–Produkte muss allerdings angepasst werden.

Besonders knifflig gestaltete sich die Maßfindung im Herzstückbereich. Bis kurz davor ist eine Spurerweiterung um bis zu 0,1 mm noch in Ordnung. Im nicht mehr gebogenen Teil beim Herzstück gibt es jedoch genau damit Kummer.

Das Hauptproblem war und ist das Zusammenspiel von Radsatzinnenmaß B (in Abhängigkeit von der Spurkranzbreite) und das Maß K mit den Radlenkern beziehungsweise Flügelschienen (Maße F und C). Es ist durchaus möglich, bei den Kompromissen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. Klaffende Flügelschienen am Herzstück sollten es jedoch nicht sein.

Hier das Fazit. Die Breite F beziehungsweise F0 zwischen Backenschienen und Radlenkern sowie Herzstück und Radlenkern wurde auf 2,8 mm fest gelegt. Das Maß C (der Abstand zwischen äußeren Radlenkern außen und Herzstück) erhielt in beiden Strängen 42,2 mm und das Maß S (der äußere Abstand zwischen inneren und äußeren Radlenkern) 39,4 mm.

C ist damit 0,4 mm kleiner als im Standard S01 gefordert und 0,1 mm größer als von den NEM erwartet (Mindestmaße). S liegt deutlich innerhalb der S01–Toleranz (maximal 40,3 mm), aber 0,1 mm über NEM 310. Das scheint tolerabel zu sein, zumal praktische Versuche das bestätigen.

 

Die Ätzteile und die Weichenzungen

Nachdem der Planungsstand „abgesegnet” war, galt es zunächst eine Ätzvorlage zu zeichnen. Informationen hierzu finden Sie auf der Modell–Seite zum Thema „Ätzen”. Mit etwas Puzzlearbeit gelang es, die Teile für je eine Weiche auf etwa 200 × 150 mm unter zu bringen. Der Doppelnutzen aus 0,6 mm starkem Neusilber (eine rechte und eine linke Weiche) wurde von Fremde Seite Ätztechnik Herbert Caspers angefertigt.

Im Vorfeld bereitete ein Punkt besondere Sorgen. Weichenzungen müssen normaler Weise gefräst werden oder als Gussteile verfügbar sein. Beides schied hier aus. Außerdem sollten trotz der geringen Höhe des Schienenprofils (5,2 mm) die immerhin 3,1 mm hohen Spurkränze von LGB® Platz finden.

Eine entfernte Ähnlichkeit mit der Vorbildform (vergleiche letztes Bild des Abschnitts) war auch erwünscht ( zwinker ) .

Schnittzeichnung der Weichenzungen–Konstruktion mit Ziffern für die Teile.
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Die gefundene Lösung sieht so aus. Von einem Stück Schienenprofil (6) wird unten so knapp wie möglich der Fuß abgesägt. Die Höhe vom Kopf bis zum unteren Stegende muss nach dem Verfeilen 3,7 mm betragen.

Die Zungen selbst erhalten Grundplatten. Das sind die langen Teile auf mittlerer Höhe des Fotos mit dem Ätzblech (Nummer 4 in der Skizze). In Vertiefungen dieser Bleche wird in der Mitte ein Streifen aufgelötet (Teil 5). Damit ist die typische innere Verstärkung des Profils zumindest angedeutet, es gibt eine Führung für den Schienensteg und die Lötfläche wird vergrößert, was die Stabilität verbessert.

Zu den Grundplatten (2) und Gleitplatten (3) weiter unten mehr. Beachten Sie, dass die Stege der Weichenzungen einen Knick haben müssen, damit das Profil gut an die äußeren Schienen angepasst werden kann.

 

Bau, Teil 1: Backen– und Flügelschienen

Der zunächst angefertigte Schwellenrost wurde schon weiter oben gezeigt. Als Trägermaterial dient 6 mm starkes Vielschicht–Sperrholz, das zur Versteifung (provisorisch) auf zwei gerade Latten geschraubt wurde.

Der Bau einer Weiche beginnt (im Modell) meist mit einer Schiene, die fortan als Bezugspunkt für den Rest dient. Dafür bietet sich die gerade Backenschiene an (die äußere, durchgehende Schiene). Da im Bereich der Weichenspitze unter den Backenschienen die Grundplatten für die Weichenzungen–Gleisplatten liegen, wurde diese zunächst vorbereitet.

Zwei Grundplatten für den Weichenzungenbereich. Die vordere ist längs gewölbt, die hintere mit Nägelchen befestigt, sodass sie gerade liegt.
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Nun ist Link zum Glossar Neusilber schön hart und schön silbrig. Es hat aber auch eine weit größere Oberflächenspannung als beispielsweise Messing. Größere tief geätzte Flächen neigen daher dazu, sich zu wölben. Das ist bei der vorderen Platte auf dem Foto gut zu erkennen. Die hintere ist mit Nägelchen gesichert.

In der Mitte liegen drei Gleitplatten. Diese haben passend zu den Grundplatten je zwei Bohrungen, sodass sie mit eingesteckten Stiftchen aus Messing genau justiert aufgelötet werden können. Die 0,3 mm Tiefätzung um die Lötstellen und die 0,6 mm starken Gleitplatten wirken zumindest ein wenig plastisch, wenn sie auch noch lange nicht das umgerechnete Vorbildmaß erreichen.

Im Bereich der Weichenspitze wurden die Nägel in den vorgebohrten Löchern nur mäßig fest angebracht. Der Bereich kann erst genau justiert werden, wenn die Weichenzungen fertig sind.

Tipp: Radlenker und Flügelschienen mit niedrigerer Höhe

Die Laufflächen der Räder berühren die Oberflächen der Radlenker und Flügelschienen nicht. Daher sind diese beim Vorbild stets rostig. Der Rost im Modell ist jedoch gefährdet, und zwar bei der Gleisreinigung mit einem Schienenreinigungsblock.

Die Radlenker wurden daher am Fuß ein wenig niedriger gefeilt, gerade so, dass es nicht auffällt. Der auf dem Foto gezeigte Test mit einem quer zwischen zwei Schienen aufgelegten Klötzchen zeigt, ob der Abtrag reicht.

Bei den Flügelschienen innen am Herzstück kann nur oben gefeilt werden. Es war ein bisschen knifflig, sie so hinzufeilen und neu zu verrunden, dass die Lichtbrechung den „schmutzigen” Trick nicht verrät.

 

Bau, Teil 2: Die Herzstückspitze

Das Neusilber der Schienenprofile von Fremde Seite Hegob lässt sich ausgezeichnet zerspanen. Daher bereitete es auch nur wenig Mühe, je eine Seite von zwei Schienenprofile–Enden mit 5°–Schrägen zu versehen. Die auf dem Bild zu erkennenden Schwellenschrauben stammen auch von Hegob.

Die Spitzen wurden vor Ort verlötet und dann zunächst provisorisch befestigt. Auf dem Großbild sind die doppelten, X–förmigen Einlagen im Spalt des Herzstücks zu erkennen.

Die ersten Proben mit dem Herzstück verliefen leider nicht zufrieden stellend. Von Holger Kai Steinberg kam der gute Tipp, die Spitze soweit irgend möglich zu verlängern. Daher wurde noch ein kleines Ansatzstück daran gelötet und so befeilt, dass die Maßtoleranzen gerade eben noch eingehalten werden. Siehe da: Schon lief es prima.

Bei den Tests musste zunächst ein einzelner Radsatz durch sein Eigengewicht sauber durch das Herzstück rollen. Erst dann folgten Versuche mit Wagen und Lokomotiven.

 

Bau, Teil 3: Die Weichenzungen

Großaufnahme noch nicht verlöteter Weichenzungen–Teile.
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Das Prinzip beim Bau der Zungen wurde weiter oben schon beschrieben. Nun musste sich zeigen, ob bei der Konstruktion „um die Ecke” gedacht worden war.

Das erste Foto dieses Abschnitts zeigt die vorbereiteten Teile. Das Schienenstück mit abgesägtem Fuß ist noch nicht verlötet. Der Pfeil markiert die Stelle mit dem erwähnten, nötigen Knick am Steg (der hier noch fehlt).

Um es kurz zu machen: Alles klappte ganz ausgezeichnet. Lediglich die Weite zwischen den Backenschienen musste im Zungenbereich noch ein wenig vergrößert werden, was mit einer flachen Schraubendreher–Klinge und einem leichten Hammer schnell erledigt war. Bei einer Spurweite von 45,1 mm zwischen anliegender Zungenspitze und gegenüber liegender Flügelschiene war es dann gut.

Nachdem dieser Punkt geklärt war, konnte der ganz private Standard für das Radsatz–Innenmaß B verabschiedet werden. Es darf fortan zwischen 39,8 und 40,7 mm liegen. Die IG Spur II fordert hier 40,9 mm.

Auf dem dritten Bild mit abliegender Zunge ist hinten der besagte Knick gut zu erkennen. Er sorgt unter anderem dafür, dass die Zunge möglichst lange an der Backenschiene anliegt.

 

Bau, Teil 4: Die Gelenke

Die Gelenke der Weichenzungen bestehen aus Messingstangen mit 1,5 mm Durchmesser, die in Röhrchen von 2,5 mm Außendurchmesser in der Schwelle und Grundplatte gelagert werden.

Das hat zwei Vorteile. Erstens ist so ein Gelenk leichtgängig. Zweitens kann der Stromanschluss für die Weichenzunge unter der Grundplatte bei dem Stiftüberstand erfolgen. Vertrauen Sie niemals darauf, dass der Kontakt zwischen Weichenzunge und Gleitplatten beziehungsweise Weichenzunge und Backenschiene ausreicht!

Eine Rundfeile zwischen Daumen und Zeigefinger, darauf ein winziges Metallscheibchen, das mit der Feile entgratet wird.
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Eine Lötstelle am nur 0,6 mm starken Grundblech der Weichenzungen ist eventuell nicht stabil genug und sieht auch nicht gut aus. Beidem sollte über ein zusätzliches Scheibchen abgeholfen werden. Das hat die leider unvermeidlichen, seitlichen Anätzungen. Das Foto zeigt den Trick, mit dem sie ohne Gefahr von Verlust abzufeilen sind. Drehen Sie die Scheibe fest auf eine Echappement–Rundfeile. Dann haben Sie sicheren Halt und eine gute Führung.

Hier folgt eine Liste der Arbeitsschritte beim Bau der Gelenke.

  • Von oben wird bei richtiger Lage der Weichenzunge (anliegend) ein senkrechtes 1,5 mm–Loch durch die Zungenplatte, die Grundplatte und die Trasse gebohrt.
  • Diese Bohrung wird von unten auf 2,5 mm Durchmesser aufgebohrt und seitlich rundum etwas „aufgenudelt”.
  • Legen Sie nun die Weichenzunge auf und stecken Sie einen hinreichend langen 1,5 mm–Stift durch Zungenbohrung und Weichenzungen–Grundplatte. Die Weichenzunge wird in der richtigen und senkrechten Lage fixiert.
  • Bereiten Sie eine Hülse aus Rohr 2,5 × 0,45 mm mit Fasen innen und außen vor.
  • Ein wenig Sekundenkleber kommt auf die Hülse, die dann (bei eingestecktem 1,5 mm–Stift!) von unten in die Trasse geschoben wird.
  • Warten Sie, bis der Sekundenkleber abgebunden ist, und reiben Sie dann mit einer Ahle die Enden der Hülse ein ganz klein wenig auf.
  • Verlöten Sie nun Stift, Scheibe und Weichenzungen–Platte sorgfältig und versäubern Sie die Teile.

Sie tun sich einen Gefallen, wenn die Weichenzungen wirklich leichtgängig beweglich sind.

 

Bau, Teil 5: Die Isolierung und die Stellstange

Nach Ansicht des Verfassers ist es keine gute Idee, die Polarität beider Weichenzungen mit dem Herzstück zusammen zu schalten. Die Gefahr von Kurzschlüssen ist dabei viel zu leicht gegeben. Daher muss eine Isolierung zwischen dem umzuschaltenden Herzstück–Bereich und den von dort zu den Weichenzungen führenden Schienen gewährleistet sein.

In Folge müssen zwei Aufgaben gelöst werden: die besagte Isolierung zum Herzstück hin und der Bau einer möglichst in beiden Richtungen isolierten Stellstange zwischen den Weichenzungen.

Großaufnahme einer geätzten Schienenlasche mit vier Sechskantndash;Imitationen.
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Richtige Schrauben können an den Schienenlaschen leider nicht benutzt werden. Das liegt wieder an den hohen LGB®–Spurkränzen . Die nur tiefgeätzten Imitationen sehen zumindest aus normaler Betrachtungsentfernung auch passabel aus. An den zu isolierenden Stellen musste allerdings noch ein Streifen dünnen Papiers untergeklebt werden, um auch noch den letzten elektrischen Durchgang zu verhindern. Ein guter Rat kam wieder von Holger Steinberg. Der Schlitz zwischen den getrennten Profilen sollte wegen Ausdehnungen bei Wärme mit einem isolierenden Trennmaterial versehen werden.

An den Stellen ohne elektrische Isolierung wurden die Laschen aufgelötet und die Schlitze in den Schienen oben und unten nur angedeutet.

Vorbereitungen für die Stellstange. Das Foto zeigt sie im Rohbau mit einer fünf Cent–Münze.
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Beim Vorbild sind die Verbindungs–Stangen zwischen den Weichenzungen oft einstellbar. Das geschieht über eine Hülse mit Innengewinden, in die die Stangen zu den Weichenzungen–Gelenken eingeschraubt werden.

Das ist für die gewünschte Isolierung nahezu perfekt, denn zwischen den Rohr mit aufgefeilten Mutterimitationen und den Stangen selbst kann ein Klebstoff oder das bewährte Mittel „Fügen Welle Nabe” von Loctite® genau dafür sorgen. Das klappte hier erst im dritten Versuch gut. Vorher gab es noch Durchgänge im Bereich ab ein paar 100 Kiloohm.

Weiter ist der Bau leider noch nicht gediehen. Immerhin sind schon die Stellböcke von Fremde Seite Hegob ebenso wie das Ätzblech für eine Reichsbahn–Weichenlaterne im Haus. Irgendwann folgt also eine Fortsetzung.

 
 
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