Auf der vorherigen Seite wurde beschrieben,
wie der Fahrstrom auf den Gleisen mit Funk ferngesteuert werden kann. Auf dieser Seite dreht es sich
hingegen um die Funkfernsteuerung der Modellbahn–Triebfahrzeuge selbst. Der Fahrstrom kommt
aus Akkus, die Schienen können, müssen aber nicht Strom führen.
Besonders Gartenbahner mit weitläufigen Anlagen wissen die „Freiheit vom Kabel”
zu schätzen. Echtdampf–Loks („live steam”) werden
meist auch per Funk gesteuert. Bei elektrisch betriebenen Großbahn–Loks gibt es auch
die Möglichkeit, Akkus, Fahrtregler und Empfänger in einem Geisterwagen unterzubringen, wenn der
Platz in der Lok nicht reicht. Diese Lösung wird hier vorgestellt.
Abschnitte dieser Seite:
Auf analog und digital betriebenen Modelleisenbahn–Anlagen fahren die Triebfahrzeuge normaler Weise mit Strom,
den sie aus den Schienen beziehen. Nun gibt es mindestens zwei Fälle, wo das nicht oder nur
eingeschränkt geht. Ein gutes Beispiel ist die oben abgebildete Gartenanlage. Da gibt es keine
Stromversorgung auf den Schienen. Ein zweites Beispiel sind Ausstellungsanlagen. Da gibt es
zuweilen nicht die „richtige” Stromversorgung und beziehungsweise oder die Schienen
sind wegen Echtdampf–Betriebs schwer verölt und verschmutzt.
Der Motor einer Lok benötigt eine regelbare Fahrspannung und genug Strom. Beides kann auch über ein Funkfernsteuerungs–System
mit Fahrtregler und Akkus bereit gestellt werden. Dabei gibt es jedoch einiges zu bedenken.
Die Akkus benötigen relativ viel Platz und müssen im Großbahn–Bereich
(zum Beispiel für 1:22,5) auch eine relative hohe Spannung bieten. Rund
14 Volt dürfen als Minimum angesehen werden. Damit kommen die meisten Fahrtregler aber nicht mehr klar.
Ist in dem zu steuernden Triebfahrzeug ein Glockenankermotor („Faulhaber”) eingebaut, spielt die
Taktfrequenz der Impulsbreiten–Modulation
im Fahrregler eine entscheidende Rolle. Sie sollte mindestens bei 1 kHz (Kilohertz)
liegen, mehr ist besser. Das bieten nicht alle Regler.
Es ist außerdem wünschenswert, die Lok wahlweise analog oder digital per
DCC–Signal steuern zu können.
Die Fernsteuerungs–Bestandteile kosten einiges Geld. Da liegt es nahe, diese Teile für
mehrere Triebfahrzeuge zu nutzen, vor allem, wenn der Funkbetrieb nur gelegentlich gebraucht wird.
Aus Gründen der Betriebssicherheit und Empfangsleistung sollten mindestens Anlagen aus dem 40 MHz–Band
(FM) benutzt werden. Die Empfänger–Antenne sollte nicht zu lang sein, da sie sonst kaum unauffällig unterzubringen ist.
Zur Lösung der Vorgaben mussten zunächst einmal geeignete Komponenten gefunden werden. Davon ist in diesem Abschnitt die Rede.
Da zwei Sender vorhanden waren, fiel die Wahl beim Empfänger recht leicht. Er sollte klein sein
und für den Fall der Fälle mehr als zwei Kanäle bieten. Daher wurde auf
eBay® flugs ein konventioneller ACT–Empfänger Micro-6
„geschossen”. Der brauchte lediglich eine neue Antenne (dazu später mehr). Ein
passender Quartz kam von Fremde Seite
Conrad.
Schwieriger wurde es schon beim Fahrtregler. Nach langer Suche fand sich dann bei
Fremde Seite
Modellbau-Regler.de
der Typ Fremde Seite
AS12/15RW BEC.
Der Regler ist praktisch perfekt für den geplanten Zweck.
Er bietet eine variable Taktfrequenz. Auf Rückfrage erfuhren wir die genauen Daten von Manja Willing,
der Anbieterin. Im Bereich zwischen 0 und etwa 70 % Knüppelausschlag taktet der Regler mit
18 kHz. Dadurch laufen die Motore extrem leise. Danach schaltet der
Regler auf 2,3 kHz zurück, was den Wirkungsgrad hoch hält und
die Wärmeentwicklung verringert. Dieses Konzept ist sehr klug und lobenswert!
Der Vorwärts–Rückwärts–Regler unterstützt bis zu 16,8 Volt (ohne BEC) und -
wie hier getestet wurde - problemlos 14,8 Volt mit BEC. „BEC”
steht für englisch „battery eliminate circuit”, Schaltkreis zur
Einsparung einer Batterie. Gemeint ist in diesem Fall der sonst übliche, separate Empfänger–Akku mit meist 4,8 Volt.
Die Größe ist mit 36 × 30 × 9 mm schön klein und der
Preis mit 32,95 € erfreulich günstig. Eine Abbildung findet sich weiter unten.
Nun blieb noch die Frage nach den Akkus. Da der RC–Betrieb wohl nur
selten gebraucht wird, sollte es möglichst eine Ausführung sein, die auch anderweitig benutzt werden
kann. Die fand sich in dem Typ für die Digitalkamera. Es handelt sich dabei um Lithium–Ionen–Akkus
als Doppelzellen, also mit 7,4 Volt Nennspannung. Zwei davon in Serie ergeben also 14,8 Volt.
Sie werden auch mit 1.100 mA angeboten, sind klein
(57 × 32,2 × 15,7 mm) und wiegen nur 51 Gramm. Die originale Nikon–Bezeichnung lautet EN-EL 1.
Als Halterung für die Akkus wurden zwei zusätzliche Ladeschalen des Ladegeräts abgespeckt und dann
miteinander verklebt. Der urspüngliche Zustand ist auf dem dritten Bild dieses Abschnitts zu sehen.
Ihre Vorteile: Sie sind verpolungssicher, die Akkus rasten sicher ein, sie sind billig und leicht zu bearbeiten und zu kleben.
Bevor es ans Eingemachte geht, folgt hier noch ein kleiner Exkurs. Diese Abbildung zeigt die Belegung
der gängigen Steckersysteme für die Verbindung vom Empfänger zu Servos und Fahrtreglern. Das Minus–
und Plus–Symbol sind wohl klar, das „I” steht für „Impuls”.
Bevor Sie in einem Fall wie diesem teure und Platz fressende Adapter kaufen, sollten Sie bei
Bedarf lieber zum Lötkolben greifen und ein passendes Kabel anbringen.
Dunkel gefüllte Kontakte kennzeichnen Stifte (Multiplex, Microprop), nicht ausgelegte Buchsen (Futaba,
Conrad, Graupner, Mikroantriebe.de, Simprop, Robbe).
Bei vielen Empfängern passen sowohl die Stecker von Futaba / Conrad als
auch die von Graupner / JR. Achten Sie bitte unbedingt
auf die Polarität und Verpolungssicherheit. Ein Fahrtregler kann in kürzester Zeit durch Falschpolung oder Kurzschlüsse zerstört werden.
Der Fahrtregler Fremde Seite
AS12/15RW
(drittes Bild des Abschnitts) wird ab Werk mit einem Graupner–Stecker ausgeliefert und passt
damit direkt an den geplanten Empfänger - und wegen seiner Eignung für Bühler–Motore auch
optimal für originale LGB®–Fahrzeuge.
Leider braucht es noch einen kleinen Ausflug vor dem konkreten Test. Das Thema dieses Abschnitts ist die Länge der Empfänger–Antenne.
Bei RC–Anlagen werden am Sender und Empfänger Antennen benötigt. Auf dem ersten
Foto der Seite ist die ausgezogene Antenne eines 40 MHz–Senders
im Sonnenlicht zu sehen. Diese Antenne müsste eigentlich knapp 7,5 Meter lang sein.
Das erscheint nicht machbar. Da die Funkwellen Schwingungsknoten an ganzzahlig teilbaren teilbaren Werten
ihrer Länge haben (also zum Beispiel bei der Hälfte, einem Viertel, einem Achtel bis hin zu einem
Vierundsechszigstel), können Antennen beim Sender und Empfänger auf einen solchen Bruchteil gekürzt werden.
Wie kommt die Länge zustande und wie lässt sie sich berechnen?
Die Länge einer Antenne wird wie die Wellenlänge mit der Einheit Lambda bezeichnet. Funkwellen breiten sich
mit Lichtgeschwindigkeit aus. Deren Wert (c) wird hier mit
299.792 km/s angesetzt. f sei die
Funkfrequenz. Aber Achtung! Zum Beispiel ergibt die Mitte des bei
40 MHz verfügbaren Spektrums schon ganz andere Werte
als die Annahme „40 MHz”. Diese Mitte liegt etwa bei 40,825 MHz (Kanal 82).
Die Formel zur Berechnung der Basis–Antennenlänge lautet
Lambda = c ÷ f.
Bei Kanal 82 ergibt sich daher 299.792 ÷ 40,8
= 7.347,8 mm. Sender– und
Empfangs–Antenne müssten also rund 7,35 Meter lang sein - pure Illusion. In der Praxis sind die
Antennen im 40 MHz–Band rund 950 mm lang
und entsprechen damit Lambda ÷ 8 . Das
ist zumindest beim Empfänger noch zuviel für Modelleisenbahnen, denn aufgerollte Antennenkabel sind ganz schlecht.
Bei Modellbahnen kommt noch hinzu, dass die Schienen eine störende induktive Schleife bilden
(können), zumindest beim Kreisverkehr. Auch spiegelnde Oberflächen wie Teiche können für Störungen
sorgen. Diese gilt es zu vermeiden, denn die wertvollen Modelle sollen tunlichst nicht bei Unfällen ihre Flugtauglichkeit beweisen
.
Eine Verlegung der gekürzten Antenne fernab von Akkus, Motoren und Fahrtreglern ist von Vorteil. Ferner
sollte die Antenne in einem rechten Winkel verlegt sein: das erste Stück waagerecht und dann gerade
nach oben. Wie Tests zeigten, spielt das sehr wohl eine Rolle.
Ebenso wurde aber auch bewiesen, dass selbst Lambda ÷ 32
(rund 230 mm) noch sehr gute und Gartenbahn–taugliche Ergebnisse bringen kann (siehe nächster Abschnitt).
Für den Test wurde an Stelle des Lokmotors zunächst ein anderer Faulhaber–Motor angeschlossen
(siehe Foto in diesem Abschnitt). Die Antenne war auf 23 cm gekürzt.
Aus praktischen Gründen ist am benutzten Sender der „Gashebel” rastend eingestellt. Die
Programmierung des Fahrtreglers klappte erst im zweiten Anlauf, weil es gar nicht so leicht ist, den Nullpunkt schnell zu treffen.
Bei ersten Tests am Basteltisch wurde der Regler kaum handwarm. Daran änderte auch ein am Empfänger
angeschlossenes Standardservo mit einem großen Ruderhorn nichts. Also wurde der Versuchsaufbau
in den Hof mit anschließendem Garten verfrachtet und die Empfänger–Antenne wie geplant ausgerichtet (siehe weiter unten).
Sehr bald wurde klar, dass für den Reichweitentest eine Helferin oder ein Helfer nötig sein würde,
als nämlich das Ruderhorn nur noch schlecht mit bloßem Auße zu erkennen war. Nach über 26 Metern -
beim Nachbargrundstück - wurde der Test beendet. Auf diese Entfernung gab es jedenfalls keinerlei Probleme.
Im folgenden Abschnitt ist der geplante Aufbau für einen offenen Niederbordwagen zu sehen. Akkus,
Regler und Schalter werden an einem Ende in einer Kiste versteckt, der Empfänger etwa in der
Mitte, und die Teilung zwischen waagerechtem und senkrechtem Antennenteil liegt am anderen Ende.
Der Knick im waagerechten Teil ist gewollt, damit die Antenne ja nicht parallel zu den Schienen liegt.
Die Skizzen sind proportional, die Ladefläche entspricht der eines
LGB®–Waggons. In der Stirnansicht ist
zu sehen, dass die Antenne nicht höher werden darf. Die dunkle Begrenzungslinie entspricht dem
auf 1:22,5 umgerechneten Lichtraumprofil für Schmalspurbahnen. Die
kleine Kugel am Ende der Antenne dient nicht nur dem Schutz der Augen, sondern leitet auch atmosphärische Störungen ab.
Lokomotiven, die mit Hilfe des Geisterwagens fahren sollen, brauchen mindestens eine
Anschluss–Möglichkeit für den Fahrstrom, und zwar auf beiden Seiten. Das kann eine verpolungssichere Buchse sein.
Bei der im Bau befindlichen (neuen) 99 021 fiel die Wahl auf eine BEC–Steckverbindung.
Das klappt gut, weil diese Stecker und Buchsen mehr als genug Strom übertragen können und der Motor
nur wenig Strom braucht. Das Foto dieses Abschnitts zeigt das vordere Anschlusskabel einmal hinter
der Pufferbohle versteckt und einmal im heraus gezogenen Zustand. Die Doppellitze wurde in einer
Aussparung des Antriebsblocks zu einer Sammelstelle im Rahmenende geführt.
Richtig gut wird die Funk–Lösung jedoch erst mit etwas mehr Aufwand. Dazu muss in den
Triebfahrzeugen eine Stecker–/Buchsen–Kombination
als Wahlschalter eingebaut werden. Die folgende Abbildung zeigt die Beschaltung.
In der mittleren Stellung des Steckers sind die Schienen mit dem Eingang des
Digital–Decoders verbunden und der Motor mit dessen Ausgang. Wird der Stecker links
aufgesteckt, wird der Decoder–Eingang mit dem Fahrstrom aus dem Geisterwagen versorgt,
die Schienen sind nicht verbunden. In der dritten Stellung ganz rechts wird der Motor
direkt mit dem Fahrstrom aus dem Funk–Set verbunden, die Schienen sind wieder „isoliert”.
Würde der Stecker nun um noch eine Position weiter nach rechts aufgesteckt (was nicht eingezeichnet
ist), wäre der Motor statt über den Decoder direkt mit dem Schienenstrom verbunden.
Aus Platzgründen bieten sich zweireihige Stift– und Buchsenleisten im Rastermaß
(RM) von 2,54 mm an. Die gibt es auch mit
vergoldeten Kontakten und Hochleistungs–Federn, sodass sie genug Strom übertragen können.
Das zeigt sich auch am erheblichen Kraftaufwand, der zum Lösen so einer Verbindung nötig ist.
Diese Anordnung und Beschaltung bietet mehrere Vorteile. Einer davon: Beim Betrieb über Funk
kann es Ihnen egal sein, ob auf den Schienen Strom liegt, ob es da einen Kurzschluss gibt oder
ob die Schienen verdreckt oder stark verölt sind. Analog–fähige Decoder, das ist der
nächste Punkt, werden den Fahrstrom aus dem Geisterwagen auch als Analogstrom betrachten. Das
heißt, wenn beim Betrieb über den Decoder das Licht eingeschaltet wäre, wäre es das auch
beim Funkbetrieb. Der Nachteil dabei: Im Decoder gehen etwa 1,2 Volt Spannung verloren.
Das kann bei der hier gezeigten Lok schon zuviel sein.
Das Prinzip hat einen kleinen Nachteil. Beim Umsetzen der Lok muss der Geisterwagen von Hand am anderen Ende angeschlossen werden.
Gemessen am Aufwand und den Kosten bietet sich die Lösung jedoch für so genannte „Gastfahrer”
bei Ausstellungen und auf Strom–losen Gartenbahnen an. 2008 mussten für alle gekauften Teile
rund 114 € bezahlt werden (mit Ladegerät, aber natürlich ohne Sender).
Noch zwei Hinweise zum konkreten Aufbau der Geisterwagen–Ladung. Der senkrechte Teil der
Antenne sollte für Transporte mindestens umklappbar sein. Die zwei Kisten und der Antennenfuß
werden am besten trennbar gebaut. Die Stege dazwischen können nach dem Zusammenbau mit Säcken oder Schüttgut versteckt werden.